A Communication Framework for Dialysis Decision-Making for Frail Elderly Patients

Die am schnellsten wachsende Gruppe an der Dialyse sind die über 75-jährigen

Es besteht Ungewissheit wie die Dialyse vertragen wird und wie gut der einzelne auf die Therapie anspricht

Es kommt zu Verlust an Lebensqualität einer Reduktion des Funktionsstatus das Risiko für Krankenhausaufnahmen und Pflegeheim steigt

Patienten die von einer Dialyse möglicherweise weniger profitieren haben eine ausgeprägte Frailty (Hinfälligkeit), leben in Pflegeheimen bzw. sind älter und haben bestimmte Begleiterkrankungen

Konzept eines „goal-directed care plan“

  • an den Patienten Zielen und Werten ausgerichtetes Vorgehen
  • Innehalten wenn Ziele nicht erreichbar erscheinen, eine Verschlechterung eintritt oder eine Belastung (durch Krankheit bzw. Therapie) auftritt

A) Fokus auf der Lebensverlängerung – Dialyse

  • dem Gesundheitssystem mehr ausgesetzt
  • Zeit an der Dialyse
  • Prozeduren um den Dialysezugang zu schaffen und zu erhalten
  • Hospitalisierungen wegen Infektionen, akuten Erkrankungen, …

B) Fokus auf der Qualität – supportive / conservative Care

  • kürzere Lebensspanne
  • frühes einbeziehen von palliativmedzinischen / Hospiz- Angeboten

SPIRES (setup, perceptions and perspectives, invitation, recommendation, empathize, summarize and strategize)

  • den Patienten als Menschen kennenlernen
  • sind die individuellen Ziele konsistent mit dem Ziel Qualität bzw. Lebensverlängerung

1 – Vorbereitung auf das Gespräch / Rahmenbedingungen / Einladung zum Gespräch

2 – Was weiß der Patient über seine Erkrankung / was erhofft er sich von der Behandlung / was erwartet er in der nächsten Zeit / welche Sorgen und Bedenken hat er / wieviel Last ist er bereit zu tragen, was will er vermeiden – den Patienten als Menschen kennenlernen

3 – Einladung Informationen zur Krankheit zu geben: „welche Informationen wären für sie hilfreich?“ / „Wie offen darf ich mit Ihnen über Ihre Erkrankung reden?“

4 – Wissen vermitteln – Empfehlung geben

5 – Emotionen wahrnehmen und einbeziehen, NURSE

  • naming – die Emotion benennen
  • understanding – die Emotion verstehen
  • respecting – den Patienten respektieren
  • supporting – den Patienten unterstützten
  • exploring – die Emotion erkunden

6 – Zusammenfassung und Strategie entwickeln

„care plan is meant to be fluid and not fixed“

Behandlung im Voraus planen für den Notfall

Quelle: https://div-bvp.de/wp-content/uploads/2021/06/Leitfaden-Ambulante-patientenzentrierte-Vorausplanung-fuer-den-Notfall-1.pdf

Die DiV-BVP hat ein Konzept und Standards für die Vorausplanung der Gesundheit entwickelt und bildet Gesprächsbegleiter aus und qualifiziert Ärzte. Ein wichtiger Teil ist die Dokumentation damit der Patientenwille auch umgesetzt wird. Das Konzept von Behandlung im Voraus planen geht über die Erstellung einer Patientenverfügung hinaus.

Nach § 132 SGB V wird von der Krankenkasse in der stationären Seniorenpflege und der Eingliederungshilfe diese qualifizierte Gesprächsbegleitung bezahlt, kooperierende Hausärzte erhalten eine extrabudgetäre Pauschale.

Ziel

Im Voraus klären ob in bestimmten Situationen eine stationäre bzw. intensivmedizinische Behandlung medizinisch sinnvoll und vom Patienten gewollt ist.

Vermeidung von über- bzw. Untertherapie

Therapie-Zielklärung

medizinischen Erfolgsaussichten (Prognose und Indikation) und der Patientenwille klären

A) Ziel „Heilung / Lebenserhaltung“

Notfallplanung klärt ob Maßnahmen wegen fehlender medizinischer Wirksamkeitserwartung oder auf Wunsch des Patienten ausgeschlossen werden sollen (Reanimation, Beatmung, Intensivstation, Krankenhaus)

B) Ziel „(ausschließliche) Leidenslinderung“

Form der Palliativversorgung klären

Einschätzen der Prognose

Voraussetzung für die Durchführung einer Behandlungsmaßnahme ist die medizinische Indikation

  • in Abhängigkeit von der Prognose / aktuellen Situation / Vorerkrankungen

Wenn ein angestrebtes Therapieziel nicht erreichbar ist, darf die gewünschte Maßnahme nicht angeboten werden

Wenn Behandlungsmaßnahme (zumindest minimale) Aussicht auf Erfolg hat, dann ist sie indiziert (oder zumindest vertretbar)

  • Prognose (individuell vom Pat. abhängig), Chancen und Risiken aufklären
  • selbstbestimmten Entscheidung

Intensivmedizinische Behandlung, invasive Beatmung und Reanimation

Bei schwer erkrankten Patienten ambulanten prüfen, ob eine ggf. erforderliche Intensivtherapie ausreichende Erfolgsaussicht / in Kombination mit dem Patientenwillen

Bei infauster Prognose gelten intensivmedizinische Maßnahmen wegen fehlender Erfolgsaussicht in der Regel als nicht medizinisch indiziert:

  • Führende Erkrankung mit hoher Letalität (z.B. schwerste respiratorische Insuffizienz, Polytrauma)
  • Schwerste Begleiterkrankungen (Schwerst progrediente neurodegenerative Erkrankung (z.B. Demenzerkrankung), terminal fortgeschrittene COPD (Stadium IV), terminal fortgeschrittene Herzinsuffizienz (NYHA IV), weit fortgeschrittene, unheilbare Krebserkrankung

Bei eingeschränkter Prognose (geringe Erfolgsaussicht intensivmedizinischer Maßnahmen, Überlebens der Intensivtherapie):

  • Hoher Schweregrad der aktuell führenden Erkrankung (z.B. der respiratorischen Insuffizienz)
  • Chronisches Organversagen, z.B. fortgeschrittene Herzinsuffizienz, dialysepflichtige Niereninsuffizienz
  • Fortgeschrittene Lungenerkrankungen, z.B. weit fortgeschrittene COPD
  • Fortgeschrittenes Leberversagen
  • Weit fortgeschrittene Krebserkrankung
  • Schwere und irreversible Immunschwäche
  • Gebrechlichkeit

Erfolgsaussichten bei Beatmung und kardiopulmonaler Reanimation noch geringer

Ermittlung des Patientenwillens

Besteht eine Indikation für bestimmte Maßnahmen mit dem Ziel der Lebenserhaltung

Das individuelle Therapieziel klären, dann Behandlungsoptionen besprechen

Ist diese Maßnahme vom Patienten gewollt (nach Aufklärung) ?
Klären der Einstellungen zu Leben, Krankheit und Sterben

Den rechtliche Vertreter einbeziehen, damit er den Willen des Vertretenen wiedergeben kann.

Kidney supportive care: core curriculum 2020

intensives Management der körperlichen Symptome, Erfassen und Behandeln der nichtkörperlichen Symptome, patientenzentrierte (nicht krankheitszentrierte) Therapie und Erfassen der Wünsche

2016 waren in den USA bei Dialyse-Start 50% älter als 65 J. und 23% älter als 75 J.

  • Mit Alter und Komorbiditäten ist eine hohe Sterblichkeit und Symptomlast assoziiert.
  • Lebenserwartung oft geringer als bei vielen Tumorerkrankungen.
  • Von den 75-jährige die mit der Dialyse starten überleben im Mittel 63% das erste Jahr und 33% die ersten 3 Jahre.
  • bei älteren Patienten mit ischämischer Herzerkrankung oder über 80 J. ist die Dialyse oft nicht mit einem Überlebensvorteil assoziiert – bzw. “ much of the „added time is spent at dialysis“

Symptom Management

  • Patienten berichten nicht alle Symptome
  • regelmäßiges Assessment mit validierten Tools kann die Symptomlast reduzieren
  • wichtige Themen sind Juckreiz und Depression
  • häufigste Beschwerden sind „Mund-Symptome“ und Tabletten-Menge

Akuter Nierenschaden

im Krankenhaus weist der akute Nierenschaden oft auf eine schwere Erkrankung hin

Entscheidung nicht auf Alter, Fragebögen und Komorbiditäten reduzieren sondern mit Patient und ihren engsten Unterstützern gemeinsam treffen

  • Lebenszeit oft nachrangig, wichtiger sind Unabhängigkeit, dialysefreie Zeit und die Möglichkeit zu reisen

patientenzentrierte Kommunikation über die Prognose und Verlauf der Erkrankung

  • Exploration der Möglichkeit einer konservativen Therapie (ohne Dialyse)
  • psychosoziales und spirituelles Assessment
  • Gesundheitskompetenz und der prognostischen Wahrnehmung; „Was wissen (und denken) sie über ihre aktuelle Krankheit(ssituation)?“
  • Sorgen, Hoffnungen und Prioritäten
  • Vorlieben und Ziele
  • Begleiterkrankungen (fortgeschrittene Herz-, Leber- oder onkologische Erkrankungen) berücksichtigen und ggf. durch Experten bewerten

Hauptherausforderung im shared decision making ist die prognostische Unsicherheit

  • von 283 Patienten, die im Krankenhaus mit der Dialyse beginnen mussten waren 26% nach 30 Tagen, 51% nach 6 Monaten und 62% nach einem Jahr gestorben
  • Prognose Tools/Scores wurden nicht für akuten Nierenschaden evaluiert
  • bei begleitend schwerer anderer Erkrankung ggf. ein begrenzter Therapieversuch (Bridging bis die Niere sich erholt / bis zu einem wichtigen Lebensereignis / Symptombesserung / Verbesserung von Kraft und Mobilität)

intensive psychologische und spirituelle Begleitung

Aufklären häufiger Probleme: wie Gefäßzugang, Hypotonien, Transport, Wartezeiten, Dauer der Therapie)

ggf. symptomorientierte Therapie, Palliativstation und Hospiz anbieten

Beenden einer Dialysetherapie

  • 3. häufigste Todesursache von Patienten mit Nierenversagen (nach Herzkreislauferkrankungen, Infektionen)
  • frühes Erkennen des Wunsches verbessert die Versorgung am Lebensende
  • Ursachen sind v.a. akute „medizinische Dekompensation“ und fehlende Besserungsaussichten
  • Überlebenszeit ist im Mittel 7,4 (0 – 40) Tage
  • Evaluieren der Gründe, Quelle und Reversibilität der Verschlechterung/Ursache, Entscheidungskompetenz des Patienten, Unterstützung der Familie

UK renal association – 2013 – clinical practice guideline – planning, initiating and withdrawal of renal replacement therapy – Ergänzung zur europäischen Leitlinien

6. End of Life Care, conservative kidney Management an withdrawal from dialysis

Patienten mit CKD 4 und 5 sollen eine Einschätzung ihrer Prognose bzw. der zu erwartenden Lebensqualtität – mit und ohne Dialyse – erhalten

Falls Patienten Dialyse ablehnen, soll ein konservative Management der Nierenerkrankung erfolgen, Notwendigkeit palliativer Begleitung muss evaluiert werden und ggf. bevorzugt erfolgen!

Bei zunehmender Verschlechterung und Zunahme klinischer Probleme, die ein Zurechtkommen mit der Dialyse erschweren, oder bei plötzlich eintretenden „katastrophalen“ Ereignissen, muss die palliative Begleitung evaluiert werden

Patienten mit einer Lebenserwartung unter 1 Jahr sollen, mittels Komorbiditäten, Funktionsstatus, Malnutrition, hohem Alter und „surprise Question“ identifiziert und engmaschig bezüglich Unterstützung/Pflege evaluiert werden

Den genannten Patientengruppen solle Hilfe bei der Versorgungsplanung (advance care planning) angeboten werden

Ein Beenden der Dialyse soll palliativ begleitet werden. Die Entscheidung soll unter Einbeziehung des Nephrologen, der Familie, der Pflegenden und des Hausarztes erfolgen. Eine Depression sollte ausgeschlossen werden

Für die letzten Lebenstage wird eine gute Kommunikation, Symptomlinderung sowie psychologische, spirituelle und kultursensible Pflege empfohlen und ein Sterben am vom Patienten gewünschten Ort angestrebt werden